Sollte man Gin im Eisfach lagern?

Sobald Spirituosen geöffnet werden, reagiert der Inhalt mit Sauerstoff und verändert sich dadurch im Laufe der Lagerung. Dabei betreffen die Veränderungsprozesse der Oxidation nicht so sehr den Alkoholgehalt, sondern vielmehr den Geschmack und können durch eine erhöhte Außentemperatur beschleunigt werden. Wärme begünstigt demnach die Oxidationsprozesse innerhalb der Flasche, sprich der Inhalt der Flasche reagiert bei einer höheren Temperatur schneller mit Sauerstoff. Eigentlich ist also eine kühle Lagerung des Gins von Vorteil.

Doch auch nur eigentlich, denn man spricht hier eher über ein theoretisches Problem, da sich Veränderungen des Geschmacks bei geöffneten Flaschen erst nach vielen Monaten oder gar Jahren einstellen. Einer Lagerung des Gins im Eisfach steht viel stärker der Genuss des Produkts entgegen, denn gerade hochwertiger Gin ist eine facettenreiche, geschmacklich ausbalancierte Spirituose mit feinen aromatischen Nuancen, die bei einer zu starken Abkühlung nicht mehr wahrgenommen werden können.

Temperatur vs. Geschmack

Generell ergibt sich der Gesamteindruck von Lebensmitteln aus Informationen, die der Geschmackssinn über Rezeptoren auf der Zunge und der Geruchssinn ans Gehirn liefern. Die Zunge erkennt dabei mindestens fünf Geschmacksqualitäten (bitter, süß, sauer, salzig, umami), die bei unterschiedlicher Temperatur stärker oder schwächer wahrgenommen werden. Bitterstoffe werden beispielsweise bei kühleren Temperaturen eher wahrgenommen, Säure dagegen beeinflusst den Geschmackseindruck bei Wärme mehr. Auch auf den Geruchssinn hat die Temperatur einen Einfluss. Je wärmer eine Flüssigkeit ist, desto flüchtiger sind die Inhaltsstoffe und desto stärker nehmen wir ihren Geruch wahr. Gleiches gilt natürlich auch für den reinen Alkohol an sich. Für gute Spirituosen und somit auch hochwertigen Gin empfiehlt sich eine Aufbewahrung der Flaschen bei einer Temperatur von ca. 10 Grad Celsius bzw. Zimmertemperatur, bei sonnengeschützter, stehender Lagerung und festem Verschluss der Flasche. Dadurch bleiben sowohl die aromatischen Feinheiten direkt erfahrbar, aber auch Verdunstungsprozessen und geschmacklichen Veränderungen wird entgegengewirkt. Der sicherste Weg ist und bleibt natürlich der schnelle Konsum (Persönliche Anmerkung ;)

Wann gefrieren eigentlich Spirituosen?

Ein anderes Problem, dass die Lagerung von Spirituosen im Eisfach mit sich bringt: die Gefahr des Gefrierens und Platzens der Flaschen. Ob und wann ein alkoholhaltiges Getränk gefriert, ergibt sich aus dem Verhältnis von Wasser und Ethanol. Handelsübliche Tiefkühltruhen kühlen bis ca. -18 Grad Celsius. Für reinen Alkohol, mit einem Gefrierpunkt von -114 Grad Celsius, also überhaupt nicht gefährlich. Bei Spirituosen handelt es sich jedoch immer um sogenannte Wasser-Ethanol-Gemische und Wasser gefriert bekanntlich schon bei 0 Grad Celsius. Der Gefrierpunkt von Spirituosen ergibt sich dementsprechend aus dem jeweiligen Verhältnis der beiden: Je höher der Ethanol Anteil, desto niedriger der Gefrierpunkt der Flüssigkeit. Je höher der Wasseranteil im Getränk, desto höher der Zeitpunkt des Gefrierens. Dieses Verhältnis drückt sich in der Volumenprozent-Angabe aus und kann als Orientierung für den jeweiligen Gefrierpunkt dienen. Ziemlich easy.

Gefrierpunkt
der Mischung
Alkohol in g auf
100g Wasser
Vol.-Proc.
des Alkohols
– 0,5° 1,32 1,6
– 1,0 2,65 3,2
– 1,5 3,97 4,8
– 2,0 5,50 6,3
– 2,5 6,62 7,8
– 3,0 7,95 9,2
– 3,5 9,27 10,6
– 4,0 10,60 11,8
– 4,5 11,90 13,1
– 5,0 13,00 14,2
– 6,0 15,30 16,4
– 7,0 17,80 18,7
– 8,0 19,80 20,4
– 9° 21,9 21,9
– 10 23,6 23,3
– 12 27,6 26,4
– 14 31,3 29,1
– 16 35,1 31,3
– 18 39,0 33,8
– 20 42,8 36,1
– 22 46,6 38,3
– 24 50,6 40,0
– 26 54,8 41,6
– 28 59,2 43,7
– 30 64,6 46,2
– 32 70,0 47,9.

Nach F. M. Raoult (Comptes rendus, 1880 Bd. 90 S. 865)

Wenn man nun alkoholische Getränke ins Eisfach legt, dehnt sich das Wasser im Gemisch beim Gefrierprozess aus, beansprucht mehr Platz für sich und nimmt dafür auch potentiell ein Brechen der Flasche in Kauf. Aber don’t worry: Unser Siegfried gefriert erst bei -25 Grad Celsius. Hier besteht also in der Regel nicht das Risiko, die Scherben eines geplatzten Gintraums aufsammeln zu müssen. Der Vollständigkeit halber sei aber gesagt, dass viele (Industrie)Gins einen Alkoholgehalt von nur 37,5% Vol. (=gesetzliches Minimum) haben und somit durchaus ein Eisfach-Armageddon herbeiführen können.

Aber selbstredend gilt das alte Motto: Erlaubt ist, was gefällt ;)