Hilft Gin gegen Coronaviren?

Nein, dies wird kein humorvoller Blick auf das Thema, denn dafür ist das Thema bei weitem zu ernst. Humor ist hier Fehl am Platz – vielmehr zählen seriöse, fundierte Informationen. Es gibt zurzeit viele offene Fragen rund um die Ausbreitung von Covid-19. Oft gibt es wegen der Schnelligkeit und Dynamik der Entwicklung allerdings noch keine hinreichend wissenschaftlich gesicherten Antworten. Über soziale Medien oder Messenger werden trotzdem immer wieder angebliche Ratschläge, Tipps und Warnungen ausgesprochen, die sich bei genauerer Betrachtung als falsch und manchmal auch als gefährlich erweisen.

Eine dieser Aussagen ist, dass der Konsum alkoholischer Getränke vor einer Corona Erkrankung schützt und Viren tötet. Dabei beziehen sich viele auf einen angeblichen Hinweis des Robert-Koch-Instituts vom 19. März 2020, der zum übermäßigen Alkoholkonsum aufruft.

Dieser Hinweis ist natürlich nicht vom RKI veröffentlicht worden und stellt eine bewusste Falschinformation dar, die sich aber trotzdem rasant über soziale Netzwerke und beispielsweise WhatsApp verbreitete. Es gab auch andere vermeintliche Studien oder Experten, die mit ähnlichen Empfehlungen zitiert und mit dem Bekanntenkreis geteilt wurden. Hinzu kam eine Aussage von Jens Spahn, die gerne etwas zu wörtlich genommen wurde. Auf einer Pressekonferenz im März 2020 1 sagte der Gesundheitsminister, dass das Virus „alkoholsensibel“ sei, was viele fälschlicherweise als Anlass nahmen, kleinere oder größere “Corona Partys” zu feiern.

Das ist natürlich kein rein deutsches Phänomen: ein Zusammenhang von Alkoholverzehr und Virusbekämpfung gehört weltweit zu den urban legends der Corona-Pandemie. Selbst die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sah sich dazu veranlasst, auf der eigenen Website und in den sozialen Netzwerken folgende Information zu veröffentlichen:

Quelle: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/advice-for-public/myth-busters

Auch wir bekommen immer wieder die Frage gestellt, ob denn an den Gerüchten etwas dran sei und der Verzehr von Alkohol helfen könnte, die Verbreitung des Virus einzudämmen. Wir möchten daher im Folgenden einige Informationen zusammenfassen und auf Institutionen verweisen, die seriöser als wir über die Übertragung des Virus und Schutzmöglichkeiten aufklären können.

Alkohol und Corona – was ist nun also der Stand der Dinge?

Um den Zusammenhang zwischen Alkohol und der Virenbekämpfung zu verstehen, muss man zunächst die verschiedenen Verwendungen des Begriffs Alkohol im Kontext der Corona-Pandemie in den Blick nehmen.

Auf der einen Seite dient Alkohol als Grundlage für Desinfektionsmittel und wird dementsprechend als Teil der Hygieneschutzmittel neben Mundschutz, Kitteln und Handschuhen verhältnismäßig oft genannt. Auf der anderen Seite wird im Kontext der Corona-Pandemie der Begriff Alkohol gleichzeitig alltagssprachlich genutzt und impliziert Getränke wie Bier, Wein oder Spirituosen.

Im ersten Fall kann Alkohol zur Virenbekämpfung eingesetzt werden, nämlich in Form von Desinfektionsmittel. Es gibt viele verschiedene Arten von Desinfektionsmittel (bspw. Flächen-/Handdesinfektion) und die Verwendung im privaten Haushalt wird nur unter bestimmten Bedingungen empfohlen, zudem wirkt nicht jedes Desinfektionsmittel gegen jeden Krankheitserreger. Es gibt Mittel, die zum Beispiel wirksam Bakterien bekämpfen, aber bestimmten Virusarten gar nichts anhaben können. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) listet verschiedene Funktionen und Eigenschaften von Desinfektionsmitteln auf und stellt Informationen zu Hygiene- und Verhaltensregeln rund um den Coronavirus zur Verfügung 2.

Die Aussage, dass Covid-19 „alkoholsensibel“ sei, bezieht sich daher auf diese Verwendung des Begriffs. Das Bundesinsitut für Risikobewertung (BfR) beschreibt in einem Paper zur Frage der Übertragung des Coronavirus über Lebensmittel und Gegenstände vom 06. April 2020:

„Als behüllte Viren, deren Erbgut von einer Fettschicht (Lipidschicht) umhüllt ist, reagieren Coronaviren empfindlich auf fettlösende Substanzen wie Alkohole und Tenside, die als Fettlöser in Seifen […] enthalten sind. Wenngleich für SARS-CoV-2 hierfür noch keine spezifischen Daten vorliegen, ist es hoch wahrscheinlich, dass durch diese Substanzen die Virusoberfläche beschädigt und das Virus inaktiviert wird.“ 3

Auch das RKI verweist auf diese Information. 4 Gemeint sind in beiden Fällen generelle Eigenschaften der Coronaviren, die eine Bekämpfung mithilfe von Desinfektionsmitteln empfehlenswert machen.

Im Gegensatz zur äußerlichen Anwendung von Desinfektionsmitteln auf Gegenständen, Flächen oder Händen, die von den genannten Institutionen und Personen empfohlen wird, ist im urban legend-Zusammenhang vielmehr die „innerliche Anwendung“ von Spirituosen im Mund- und Rachenraum bzw. Hals gemeint. Und dies ist – zumindest in Bezug die Virenbekämpfung – nicht ratsam.

Dennoch stehen Spirituosen und der Kampf gegen Corona in einem Zusammenhang. Große wie kleine Brennereien verzichten auf den Rohalkohol, der normalerweise für die Herstellung von Spirituosen wie Gin genutzt wird und geben diesen für die Herstellung von Desinfektionsmitteln frei. Auch nutzen einige Brennereien übrigen Restalkohol, alte Spirituosen oder Weine und brennen diese erneut, um den Alkoholgehalt zu erhöhen und diesen dann weiter zu nutzen. Die Rahmenbedingungen für die Herstellung sind rechtlich gelockert und einfachere Rezepturen für Desinfektionsmittel zugelassen worden. 5 Zudem können seit dem 02.04.2020 auch Spirituosen (sog. Ethanol-Wasser-Gemische) durch eine Verfügung der Bundestelle für Chemikalien (BfC) zur Desinfektion von Oberflächen und Händen eingesetzt werden. 6 Diese müssen jedoch mindestens 70 Vol.-% aufweisen, was die Verwendung eines Gins ausschließt, da hier normalerweise nicht mehr als 50 Vol.-% erreicht werden. Selbst ein Navy Strength Gin mit 57 Vol.-% erfüllt die Kriterien nicht.

So bleibt am Ende die Antwort auf die zu Beginn gestellte Frage recht einfach:
Alkoholkonsum steht in keinem direkten Zusammenhang mit der Bekämpfung des Coronavirus und seiner Ausbreitung. Lediglich die äußerliche Desinfektion kann mit Spirituosen von mindestens 70 Vol.-% durchgeführt werden.

Dennoch sind persönliches Wohlbefinden und etwas Normalität in der Krise immer von Vorteil. Und vielleicht kann in diesem Punkt Siggi doch helfen: Ein risikoarmer Alkoholkonsum liegt für Frauen bei 12g reinen Alkohols täglich, für Männer liegt dieser bei 24g reinen Alkohols täglich. Die Formel zur Berechnung des Alkoholgehalts in Gramm wird von der BZgA wie folgt angegeben:

Menge in ml x (Vol.-% / 100) x 0,8 (Gewicht des Alkohols) = Gramm reiner Alkohol 7

Wir haben mal gerechnet und können zumindest eines wärmstens empfehlen: A Siggi a Day…

1 Gin & Tonic mit 50 ml Siegfried Gin: 50 ml x 0,41 x 0,8 = 16,4g reiner Alkohol
1 Gin & Tonic mit 30 ml Siegfried Gin: 30 ml x 0,41 x 0,8 = 9,8g reiner Alkohol

PROST und bleibt bitte gesund!

QUELLEN:
1 https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/pressekonferenz-von-bundeskanzlerin-merkel-bundesgesundheitsminister-spahn-und-rki-chef-wieler-1729940
2 https://www.infektionsschutz.de/coronavirus.html
3 https://www.bfr.bund.de/cm/343/kann-das-neuartige-coronavirus-ueber-lebensmittel-und-gegenstaende-uebertragen-werden.pdf
4 https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Reinigung_Desinfektion.html?nn=13490888
5 https://notfalldesinfektion.vci.de/de/infos/about
6 https://www.baua.de/DE/Angebote/Aktuelles/Meldungen/2020/2020-04-15-Haendedesinfektion.html
7 https://www.bzga.de/infomaterialien/alkoholpraevention/alkohol-basisinformation/

(Photo von Tim Mossholder)